Mistel als Heilmittel: anthroposophische Krebstherapie anerkannt

Auch an diesem Beispiel wird wieder deutlich – ich habe hier schon einmal darüber gesprochen -, dass die ganz strenge Trennung: Schulmedizin auf der einen, naturheilkundlich orientierte “Ganzheitsmedizin” auf der anderen Seite (Grabenkämpfe eingeschlossen) so krass nicht mehr gilt. Zum Glück für den Patienten!

In der Vergangenheit hat es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen gesetzlichen Krankenkassen und ihren Versicherten gegeben, wenn es um die Erstattungsfähigkeit der Anthroposophischen Mistelpräparate in der Krebstherapie gegangen ist. Dabei ist die rechtliche Situation eigentlich klar: Dem Gesetzeswortlaut nach sind Anthroposophische Mistelpräparate sowohl adjuvant (also ergänzend zu Strahlen- oder Chemotherapie) als auch palliativ (stabilisierend oder lindernd bei einer unheilbaren Krebserkrankung) durch die gesetzliche Krankenversicherung erstattungsfähig. Dementsprechend wurde bislang auch kein Prozess verloren, mit dem die Patientinnen und Patienten ihr Recht eingeklagt hatten.

Faktische Entscheidung des Bundessozialgerichts
Um in dieser Situation ein für allemal Klarheit zu schaffen, hat das Sozialgericht Dresden Revision direkt beim Bundessozialgericht zugelassen. Das Verfahren lief, der Termin für die mündliche Verhandlung war für den 29. März 2007 festgesetzt. Allerdings hat die beklagte Krankenkasse ihren Revisionsantrag keine 24 Stunden vor der Verhandlung zurückgezogen. Offensichtlich kamen die dort beteiligten Juristen zu der Einschätzung, dass für die Kasse kein positives Ergebnis zu erwarten gewesen wäre und haben die Revision wegen mangelnder Erfolgsaussicht zurückgezogen. Das Bundessozialgericht hätte die Erstattung auf Basis des geltenden Rechts bejaht. Zwar ist kein rechtskräftiges Urteil ergangen, aber die Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts ist trotzdem deutlich geworden. Die Gerichte werden sich mit Sicherheit an dieser Auffassung der höchstrichterlichen Instanz orientieren. Damit sind die Erfolgsaussichten für Kassen, durch zukünftige gerichtliche Auseinandersetzungen gegen die Erstattung der Anthroposophischen Mistelpräparate vorzugehen, noch geringer geworden. Dr. Matthias Girke, Vorstand des Dachverbandes Anthroposophische Medizin in Deutschland, äußert sich zu den jüngsten Entwicklungen folgendermaßen: “Es ist für die betroffenen Patientinnen und Patienten ein immens wichtiger Schritt, dass die Frage zur Erstattung der Anthroposophischen Mistelpräparate – sowohl adjuvant als auch palliativ – nun faktisch geklärt ist. Denn gerade Versicherte, die sich mit einer Krebserkrankung auseinander setzen müssen, brauchen Sicherheit, wenn es um die Erstattung der Misteltherapie geht, die mittlerweile zu den meist verordneten Arzneimitteln innerhalb der Onkologie gehört.”

Hintergrund zur Entscheidung
Dem Urteil des Sozialgerichts Dresden ging die Klage einer Patientin voraus, die eine adjuvante Behandlung mit einem Anthroposophischen Mistelpräparat beantragt hatte. Die Klage hatte Erfolg, da das Sozialgericht entschieden hatte, dass die Anthroposophische Misteltherapie innerhalb der besonderen Therapierichtungen als Standard bei der Krebstherapie gelte und daher von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet werden müsse. Denn laut Arzneimittelrichtlinien, Abschnitt 5 Ziffer 16.4.27 und insbesondere Ziffer 16.5., kann der Arzt bei schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel der Anthroposophischen und homöopathischen Medizin verordnen, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist. Lediglich die phytotherapeutischen Mistelpräparate sind ausschließlich für die palliative Therapie zugelassen.

Weitere Infos: Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland (DAMiD)